Archiv für den Tag: 5. Dezember 2023

Schreiben im Cafe´ und ein Freiheitsfunke!

Seit meiner Jugend gehe ich liebend gern ins Kaffeehaus – es war (und ist immer noch manchmal) mein Zufluchtsort, wo ich meine Ruhe habe, wo niemand etwas von mir will, wo ich mich erholen kann von all dem, was auf mich einwirkt, von den Zumutungen des Lebens, wo ich unter Menschen bin und doch ungestört nur für mich sein kann…

Begonnen hat diese Freundschaft schon während der Mittelschulzeit – wenn wir Schule geschwänzt haben, sind wir entweder hinten im Tomaselli- Stüberl oder im schummrigen Arabia gesessen..

Dann in der Pariser Zeit hat sich diese Freundschaft vertieft – wie ich das genossen habe, in den Straßencafes zu sitzen, dem bunten Treiben zuzuschauen, zu schreiben, zu lesen, manchmal mit jemandem ins Gespräch zu kommen…

Und später dann, während des Studiums in Wien waren einige Kaffeehäuser für mich wie zweite Wohnzimmer – ich konnte am besten im leicht anregenden und gemütlichen Ambiente eines Cafe´s für die großen Prüfungen lernen – natürlich nur in solchen, in denen es nicht zu laut und geschäftig zuging und wo man „ewig“ bei einem kleinen Braunen sitzen konnte, ohne daß ein Ober dauernd nachfragt, ob man nicht noch etwas bestellen möchte.

Derzeit lebe ich ja im Waldviertel und weitgehend ohne Kaffeehaus-besuche; es gibt zwar Cafes in den kleinen Städten, aber da finde ich nicht die Atmosphäre, die mich zum Schreiben inspiriert.

Also zelebriere und genieße ich bei meinen kurzen Besuchen in Salzburg die Besuche in meinem Lieblingscafe und es ist einfach schön, wie es sich da fast wie von selbst schreibt – so auch heute. Diese Themen haben sich dabei gezeigt:

Über wohltuende Freundlichkeit sowie über die gezähmte Wilde und ihre Befreiung

Sonntag, 3.Dezember, Cafe Bazar, an meinem Lieblingstisch im Wintergarten, draussen schönstes Winterwetter – kalt, jede Menge frischer Schnee, blauer Himmel, Sonnenschein… allein mit mir, mit etwas gemischten Gefühlen… berührt von der Freundlichkeit und Achtsamkeit des immer netten Kellners (manchmal rührt es mich fast zu Tränen, wenn jemand echt freundlich zu mir ist – was für eine Wohltat nach dem oft barschen Umgangston in Drachenhausen!)

Die Zart-Empfindsame in mir lächelt, wagt sich vor, dankbar und leise beglückt!

Im Gegensatz dazu fällt mir ein inneres Erlebnis in meinem Zimmerchen vor Kurzem im Waldviertel ein:

Mir war wiedermal aufgefallen, wie wichtig es mir ist, gemocht zu werden, mich gesehen und geschätzt zu fühlen. Bin so dagesessen, mit geschlossenen Augen dieses Thema reflektierend und auf einmal ist sehr klar und deutlich der Satz vor meinem inneren Auge aufgetaucht – wie plötzlich vom Licht einer Taschenlampe beleuchtet:

Du mußt nicht allen gefallen! Sie oder er muß dich nicht gern haben!“

Es war wie ein „Ah! Ja!“

Nicht, daß ich diesen Gedanken nicht schon oft gedacht hätte, aber es war diesmal viel mehr als ein Gedanke! Es war eine umfassende Erfahrung bis in den Körper hinein, ein spürbares Nachlassen von Spannung, ein Aufatmen und ein freudig-staunendes Gefühl von Freiheit!

Ich finde zwar nicht, daß ich mich stark verbiege, um von meinen Mitmenschen (von denen, die mir wichtig sind) geschätzt und geliebt zu werden, aber doch gibt es eine innere Zensur!

Eine warnende Stimme, die sagt: „…sei nicht zu laut, … nicht zu leise, … nicht zu viel, … nicht zu wenig, nicht zu dies und nicht zu jenes…“

Die Stimme ist subtil oder besser gesagt, so eingefleischt, so sehr Teil meines mind-sets, daß sie mir kaum auffällt, daß ich glaube: so bin ich eben (so zurückhaltend, eher introvertiert, so rücksichtsvoll usw…)

Doch wie oft habe ich als Kind in barschem Ton zu hören bekommen: „Sei nicht so laut!“ (wenn ich übermütig war), „Sei nicht so lästig!“ (wenn ich mehr Nähe wollte); „Sei nicht so langsam!“ (wenn ich zum Beispiel das Essen genossen habe); „Sei nicht so garstig!“ (wenn ich zornig war…)

usw… So viele „Sei-nicht -so´s“! Und in der Folge so viele verinnerlichte „Sei-nicht-so´s“, so viel Zensur, Zähmung, Unterdrückung der vitalen Lebensäußerungen!

Auch mal Laut-Sein, Stampfen, Jubeln, vor Freude hüpfen, Luftsprünge machen, lauthals singen…. alleine bzw. in sicherem Rahmen wie in Workshops oder Seminaren geht das wohl, aber im Alltag – eher nicht!

Die „Drachenfrau“ im Waldviertel lebt´s mir Tag für Tag vor, ungeniert, hemmungs-los und auch bisweilen rücksichts-los… ein Vorbild? Sicherlich ein Spiegel für meine wenig gelebten, wilden Kräfte – ob mir das gefällt oder nicht!

Die Frage ist: was macht das mit mir? Was bewirkt das in mir, dieses Spiegelbild zu sehen?

Wenn ich auf Widerstand damit gehe, bewirkt es wohl noch mehr Verschluß, weiteres Untenhalten dieser ursprünglich-vitalen Kräfte, der Drachenenergie!

Robin Kaiser sagte in einem Vortrag, den ich gestern online gehört habe: „… werde eins mit dem, was du ablehnst, dann kann es sich wandeln!“

Ganz verstehe ich es nicht, glaub ich… oder doch? Alles, was wir ablehnen, ist ein unerlöster Teil, ein Schatten in uns. Ob im großen Weltgeschehen oder in den täglichen Begegnungen – was wir ablehnen (und wenn es die schrecklichsten Ereignisse sind), will IN uns erlöst werden!

Und er ruft dazu auf, besser jetzt zu üben, Widerstände und Wertungen fahren zu lassen als in Situationen, die in der Zukunft womöglich ziemlich herausfordernd sein werden…

Die Zart-Empfindsame in mir sehnt sich nach Freundlichkeit, Achtsamkeit, nach Harmonie und das ist wunderschön!

Das heißt auch: Sei diese Freundlichkeit, lebe diese Harmonie!

Und die Robustere in mir sagt: „schau ma mal, wie sich´s mit weniger Zensur lebt, wie sich´s lebt, wenn ich nicht „allen“ gefallen muß!“ Wenn zentral wichtig vor allem eines ist: daß ich mich selbst annehme, wertschätze, mich liebe so wie ich bin!

Dieser Freiheitsfunke, der in mir aufgeleuchtet ist, den will ich hüten, mich an ihn erinnern, ihn spüren, ihn beatmen und ihm so Energie geben…. Aho!