Seit gestern bin ich nun wieder zurück aus dem Norden – bin bei schönstem Abendsonnenschein bei Hardegg an der Thaya an einem meiner Lieblingsstellplätze angekommen.
Ein langer Abend zum Reflektieren dieser wunderschönen, so vielfältigen Reise!
Dabei ist mir etwas Interessantes aufgefallen: nämlich wie unterschiedlich die Fahrt hinauf und die Fahrt herunter waren – fast wie Pol und Gegenpol!
Die Fahrt hinauf war strahlend hell, in jeder Hinsicht! Fast immer hat die Sonne vom blauen Himmel gelacht und da war ganz viel Freuden-Gefunkel und Inspiration – durch inspirierende Begegnungen mit wunderbaren Menschen – beim Tanzen in Polen, in Berlin mit der feinen polnischen Künstlerin und dann in Usedom mit ganz ganz lieben Freunden… sehr viel bereichernder Austausch, wunderschöne noch ziemlich ursprüngliche Natur, auch dann in der Prignitz ging´s noch weiter mit herzoffenen schönen Begegnungen… doch dann war ich auf einmal eingebremst – mein Rad hatte einen Patsch´n – und das Wetter ist gekippt… es hat immer wieder geregnet, der Himmel hing tief und grau und der folgende Aufenthalt im Spreewald hat mich gar nicht angesprochen (sehr touristisch und die Energie irgendwie dick und schwer).
Da hat denn der Stellplatz, den ich schließlich beim Städtchen Lübben gefunden hab, dazu gepasst – er war einerseits trostlos (Ausblick auf ein paar Misthaufen sowie auf alte aufgelassene barackenartige Gebäude, in denen mal Enten gehalten wurden – sicherlich Massentierhaltung auf engstem Raum), aber andererseits war genug Platz (nicht gleich der nächste Camper daneben, was mir sehr wichtig ist!), die Betreiber sehr freundlich und die Abendstimmung war höchst eindrucksvoll – ein dicker grauer Himmel, ganz plastisch – wie zum Kneten!
Hab erst vorgestern mitgekriegt, daß es in manchen Teilen Deutschlands arge Überschwemmungen gibt! Da war der Regen an den Orten, wo ich war, ja völlig harmlos!
In der abendlichen Meditation ist mir klar geworden, daß es – wenn die Inspirationen nicht von außen kommen – umso wichtiger ist, daß ich in mir die Schwingung hochhalte! Leuchtturm sein, wenn „das Glück mir nur so zufliegt“, ist nicht schwer! Doch es geht ja darum, ein verläßliches Licht in der Welt zu sein und mich nicht beeindrucken zu lassen, wenn´s im Außen nicht so erfreulich ist! Das geht insofern leicht derzeit, weil ich mich so gut genährt fühle von den vergangenen Wochen!
Es geht ja nicht darum, Schweres, vergangene Traumata – egal ob in mir, in anderen Wesen, an einem bestimmten Ort, in einer Landschaft… auszublenden. Ich finde es gut und hilfreich, offen zu sein, fühlend und das, was ich fühle und wahrnehme, mit Liebe und Licht zu fluten.
Eine Art Gratwanderung – wieviel an Leid und Schmerz kann ich fühlen, liebevoll mit-fühlen, ohne daß es mich runterzieht!? Das ist immer wieder neu auszuloten…
Hier füge ich einen Teil eines langen Emails an meine mir sehr nahe argentinische Freundin ein – weil´s grad noch so gut dazu passt:
„Silvita! …..A soft and gentle loving energy is wonderful, deeply touching and healing the heart; an electric sparkling enthusiastic energy is also wonderful, in a different way – It´s uplifting, so energizing, a free and joyful dance!
To live and to embody both energies (and many others of course) feels so good to me! They both need each other for a good balance: magnetic – electric; empathic – enthusiastic; melting in – uplifting and inspiring; watery – fiery…
I have just returned from my journey to the north… in the first part of the journey there was so much joy and enthusiasm, wonderful encounters with wonderful friends, with women from the dance workshop with Micle, with people I met…. so many sparks, so much joy! And always sunshine!
And then, the second part of the journy has been very different – the weather has changed, it rained again and again … there were thick heavy skies, which magnified the tristesse of some DDR relicts… There are many places with very traumatic history (from the wars – so much destruction of beautiful old cities, of their art, their treasures…)
So in this second part I felt drawn more towards the „empathic side“, from where I feel the deep wish to be of help and to contribute to some healing process! It´s more the watery side! And the other one is the fiery side and it´s gift is inspiration and energy!…. „
Noch etwas zu den Gegensätzen innerhalb dieser Reise: sogar meine Lektüre hat dazu gepasst! Im strahlenden ersten Teil hat mich ein durch und durch positives, herzwärmendes Buch von Nina George (Das Bücherschiff des Monsieur Perdu) begleitet; im überschatteten zweiten Teil „Das Flüstern der Feigenbäume“ von Elif Shafak – ein sehr schöner Roman mit schwierigem Hintergrund (der Bürgerkrieg in Zypern in den 1970er Jahren).
Beim ersten Teil ganz viele schöne Begegnungen, nun auf der Rückreise war ich meistens mit mir allein – was auch gut ist!
Und dann doch wieder eine schöne Begegnung vorgestern in Dresden – in einem netten Cafe hat mich die Frau vom Nachbartisch angesprochen: „Das ist aber schön, daß es noch Menschen gibt, die im Cafe schreiben!“ So sind wir ins Gespräch gekommen und schließlich hat sie gemeint, sie habe eine überzählige Karte für die Oper heute Abend, ob ich nicht mit ihr gehen wolle. Orfeo von Monteverdi, in der Semper Oper… oh ja!
Noch dazu ist die Karte sehr günstig und so komme ich völlig unerwartet in den Genuß eines tollen Opernabends – was für ein schönes Geschenk!
Wo ich nun schon bei der Kunst bin – in Berlin (bin auf der Rückreise nochmal zwei Tage in Berlin geblieben) habe ich eine wunderschöne Ausstellung von Caspar David Friedrich in der Alten Nationalgalerie gesehen – das war auch ein Geschenk! Bin mit Staunen und Ehrfurcht in seine Kunst eingetaucht und was besonders schön war: in vielen seiner Bilder malt er die Ostsee und die Elbelandschaften – mit so feiner Hand, mit so klarer, liebevoller Wahrnehmung der Natur, des Lichtes, der Farben – bewundernswert! Die Fotos geben halt die Farben gar nicht so gut wieder! Er war wohl ein besonderer Mensch, eine schöne Seele!
Elblandschaft (mit zwei Reisigsammlerinnen); um 1823
Böhmische Landschaft
Auf der Fahrt von Dresden zurück nach Österreich (das war erst gestern!) – durch Tschechien – hab ich mich richtig gefreut, als die Landschaft zunehmend hügelig wurde (nach einigen Wochen im völlig flachen Land!)… nun wieder Steigungen, Gefälle, Kurven – was ist hinter der nächsten Kurve?… wie schön!
Insgesamt war´s eine wundervolle und interessante Reise, für die ich sehr dankbar bin – und das in Länder, in die´s mich früher gar nicht gezogen hätte – die ehemaligen Ostblockländer – die waren in meiner Vorstellung immer nur grau und triste! Eine Art Tristesse gibt es wohl immer noch, finde ich – vor allem in kleineren Städten, die nicht für den Tourismus aufgepeppt sind: viele verfallende Häuser (oft ursprünglich schöne, alte Fachwerkhäuser), jede Menge öde, unschöne Architektur noch aus DDR-Zeiten – lieblos, funktional, streng und ernst, viel Grau… puhhh! Doch die Natur – vor allem in Usedom und in der Prignitz, auch die Mecklenburger Seenplatte ist wunderschön!
Und Polen hab ich sehr interessant gefunden – herzliche Menschen… starke Frauen, bärige Männer… Gerne wieder!